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Pergamentherstellung

Stækkaðu myndina Stækkaðu myndina enn meira
Hier sieht man einen Mönch, wie er eine in einen Rahmen gespannte Haut mit einem halbmondförmigen Messer abschabt..

Vom Kalb zum Buch
Der erste Schritt bei der Herstellung eines Buches bestand in der Verarbeitung von Tierhaut zu Pergament. Es gibt keine isländischen Berichte über die Buchproduktion und die Pergamentherstellung im Mittelalter. Zweierlei kann jedoch Hinweise darauf geben, wie Pergament auf Island gefertigt wurde. Zum einen lassen sich die Beschreibungen der Buchherstellung auf dem europäischen Festland zur Hilfe heranziehen, denn von dort gelangte diese Methode nach Island. Zum anderen kann man das Aussehen isländischer Handschriften untersuchen und das Pergament in ihnen unter die Lupe nehmen.

Die älteste Beschreibung der Pergamentherstellung im Mittelalter ist in einer Handschrift aus dem 8. Jahrhundert überliefert. Im Text heißt es, dass Pergament in den südlichen Ländern normalerweise aus Ziegen- oder Schafshaut hergestellt werde, im Norden aber aus Kalbshaut. Dies ließe sich, wenn es denn der Wahrheit entspricht, so erklären, dass die Leute im nördlicheren, kälteren Klima eine andere Verwendung für Schaffelle hatten und für die Buchherstellung eher Kalbshaut benutzten, die nicht so warm war.

Wahrscheinlich bildete sich mit der Zeit eine gewisse Arbeitsteilung bzw. Spezialisierung hinsichtlich der Pergamentherstellung und der Buchproduktion heraus. Die Tierhaut wurde erst bearbeitet, am gleichen Ort in einen Holzrahmen gespannt und getrocknet und dann zur weiteren Verarbeitung an einen anderen Ort geschickt.

Stækkaðu myndina enn meira Stækkaðu myndina enn meira
Ein Geschäft mit Materialien zur Buchherstellung in einem italienischen Buch aus Bologna im 14. Jahrhundert. Zwei Männer sind mit ihrer Arbeit beschäftigt und fertigen Materialien zur Buchherstellung. Rechts steht ein Pilger.

Pergamentherstellung in Europa
Der erste Arbeitsschritt des Pergamentmachers war das Enthaaren der Häute. Die verbreitetste Methode dazu war, sie in ein Kalkbad zu legen, wodurch sich die Haare so weit von der Haut lösten, dass man sie leicht abschaben konnte. Nachdem die Haut sorgfältig gewaschen worden war, wurde sie in einen Rahmen gespannt, abgeschabt und anschließend getrocknet. Das Spannen und das Trocknen sind sehr wichtige Arbeitsschritte bei der Pergamentherstellung und charakteristisch für seine Produktion.

Das Trocknen der Haut nahm unterschiedlich viel Zeit in Anspruch, wobei die Qualität des Pergaments davon abhing, wie gut es gelang, den Trocknungsprozess zu kontrollieren. In heißem Klima versuchte man das Trocknen zu verzögern, indem man die Haut befeuchtete, in kälterer Witterung aber wurde Kalkstaub auf die Haut aufgetragen, um den Prozess zu beschleunigen. Wenn die Haut im Rahmen zu trocknen begonnen hatte, wurde trockener Kalk aufgetragen, um Reste von Fett und Feuchtigkeit aufzulösen. Anschließend wurde die Haut mit einem Krummmesser abgeschabt. Gutes Pergament sollte dünn, stark und dennoch biegsam sein mit einer glatten Oberfläche. Wenn es nötig war, wurde das Pergament zusätzlich mit Bimsstein abgerieben oder poliert.

Hier klicken für eine Beschreibung der Pergamentverarbeitung aus dem Handbuch der Sammlung Árni Magnússons >>

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Stækkaðu myndina Stækkaðu myndina enn meira
Wohlgenährte Kühe aus der Heynesbók.

Pergamentherstellung auf Island
Mittelalterliche isländische Pergamentmanuskripte sind zumeist wesentlich dunkler als kontinentaleuropäische Handschriften. Das liegt zum großen Teil daran, dass die Bücher jahrhundertelang viel in Gebrauch waren und in rußigen und feuchten Torfhütten aufbewahrt wurden.

Isländische Handschriften, die unter anderen Bedingungen in Norwegen aufbewahrt wurden, sind z.B. heller und in wesentlich besserem Zustand als die, die sich auf Island befanden. Die Herstellung von Pergament auf Island scheint sich jedoch unabhängig von der Lagerung von der auf dem Kontinent unterschieden zu haben, denn isländisches Pergament sieht ein wenig anders aus als kontinentaleuropäisches Pergament.

Da es keine mittelalterlichen Schilderungen der Pergamentherstellung auf Island gibt, geht man davon aus, dass das Handwerk in seinen Grundzügen dem in Nordeuropa glich. Es ist jedoch darauf hingewiesen worden, dass sich europäisches Pergament je nach Land voneinander unterscheidet, was an unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Rohstoffen, Material und Anforderungen an das fertige Produkt lag. Wegen ihrer Isolation und der teuren Materialien lernten die Isländer wahrscheinlich, die Stoffe zu nutzen, die die Natur ihnen zu bieten hatte, möglicherweise waren die Erdwärme und vulkanische Materialien bei der Enthaarung von Nutzen. Ebenso ist es wahrscheinlich, dass das Klima - besonders die kurzen Sommer - den Herstellungsprozess des Pergaments beeinflusste.

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Stækkaðu myndina Stækkaðu myndina
Pergament aus Schafhaut gefertigt? Aus der Heynesbók.

Der größte Unterschied zwischen der Pergamentherstellung auf Island und der an den meisten anderen Orten in Europa scheint im Vorgehen bei der Enthaarung der Haut gelegen zu haben. In Kontinentaleuropa wurden die Häute in ein Kalkbad gelegt, wodurch das Pergament weißer wurde, da der Kalk in die Haut eindrang und ihr eine hellere Oberfläche gab. Die Tatsache, dass Kalk auf Island knapp war, hat vielleicht ihren Teil zum Aussehen und der Machart des isländischen Pergaments beigetragen. Zwar existieren keine mittelalterlichen Berichte, spätere Quellen jedoch nennen drei Methoden zur Enthaarung der Haut, darunter das Rasieren und das Verrotten, die beide von Anfang an in Gebrauch gewesen sein könnten. Keine dieser Methoden beinhaltet jedoch die Behandlung der Tierhaut mit Kalk.

Man geht davon aus, dass die meisten isländischen Pergamentbücher auf Kalbshaut geschrieben wurden. Diese Theorie wird von der äußerst geringen Zahl an Untersuchungen gestützt, die an isländischem Pergament bisher vorgenommen worden sind. Von alters her machten Rinder den Hauptteil des Viehbestands der isländischen Bauern aus. Im 17. Jahrhundert aber ging die Rinderpest auf Island um und richtete einen Großteil des Bestandes zugrunde. Im Zuge der Monopolisierung des Handels veränderte sich die Art der Landwirtschaft, denn die Kaufleute hatten nun ein größeres Interesse an Fisch, Wolle und Schaffellen als an den Erzeugnissen der Viehwirtschaft. Dass im Mittelalter jedoch viel Rinderzucht betrieben wurde, unterstützt die These, dass isländisches Pergament vor allem aus Kalbshaut gefertigt wurde.

 

Hier klicken für Bilder der Pergamentmanufaktur von Carl Wildbrett.
Pergament wird noch immer auf ähnliche Art und Weise hergestellt >>

 

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